Die "Aktion 1005" in Maly Trascjanec

Im Oktober 1943 begann die "Aktion 1005" in Maly Trascjanec. Im Rahmen dieses Vorhabens, das auch als "Spurenbeseitigungs"- oder "Enterdungsaktion" bezeichnet wurde, sollten alle Beweise der nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen vernichtet werden.

Die "Aktion 1005" wurde bereits im Jahr 1941 unter der Verantwortung von Paul Blobel eingeleitet. Ziel war es, alle Spuren im Zusammenhang mit den Massenmorden in Konzentrationslagern sowie anderen Vernichtungsstätten zu beseitigen. Dazu gehörte vor allem die systematische Vernichtung menschlicher Überreste aus Massengräbern. Das dabei tätige "Sonderkommando 1005" wurde sowohl vom Sicherheitsdienst als auch von der Ordnungspolizei unterstützt.1

Im Herbst 1943 kam Paul Blobel mit Arthur Harder nach Minsk und verhandelte mit dem Befehlshaber Erich Ehrlinger über die Beseitigung der dortigen Massengräber. Während Blobel weiterfuhr, blieb Harder in seinem Auftrag in Minsk, um die "Enterdung" in Gang zu bringen und die von Ehrlinger abgestellten Leute in ihre Arbeit einzuweisen. Harder schlug sein Quartier für mindestens zwei Wochen im Gebiet um Maly Trascjanec auf und organisierte während dieser Zeit die Beseitigung der Massengräber bei Blahaǔščyna.

Ausschnitt aus den Prozessakten von der Befragung von Adolf Rübe

Adolf Rübe äußert sich in seinem Prozess zur "Aktion 1005" in Maly Trascjanec

Paul Blobel stellte ein "Sonderkommando" aus ungefähr 100 sowjetischen Kriegsgefangenen zusammen, die die Massengräber bei Blahaǔščyna exhumieren sollten.

Mit Eisenhaken zogen sie die teilweise stark verwesten Leichen aus der Erde und trugen sie auf zu diesem Zweck angefertigten Tragbahren zu dem Platz, an dem sie verbrannt werden sollten. Die Mitglieder des "Sonderkommandos" errichteten zu diesem Zweck 4x5 Meter große und bis zu 5 Meter hohe Scheiterhaufen.

Maly Trostenets, Belorussia, A site where dead bodies were burned

Verbrennungsort nach der Befreiung von Minsk

Hatte der Stapel die vorgesehene Höhe erreicht, wurde er mit Steinkohlenteerheizöl entzündet. Hierzu wurde meist eine lange Stange benutzt, an der ein mit Benzin getränkter Lappen angebunden war. Es dauerte teilweise bis zu zwei Tage, bis ein Scheiterhaufen abgebrannt war. Die sowjetischen Kriegsgefangenen des "Sonderkommandos" begannen gleichzeitig mit der von Arthur Harder angewiesenen Errichtung eines Erdbunkers bei Blahaǔščyna. Hier sollten sie außerhalb ihrer Arbeitszeit untergebracht werden, um den täglichen Transport aus dem Gefängnis in Minsk zu vermeiden. Sie wurden von einem Zug Schutzpolizisten unter Führung des Oberleutnants Otto Goldapp bewacht.

Zur Bewachung und Absperrung des Enterdungsgeländes stand ein Zug der volksdeutschen Waffen SS-Kompanie zur Verfügung, die schon seit Frühjahr 1943 auf dem Lagergelände stationiert war. Sie bildete zwei lose Postenketten um die Gruben; der innere Ring war Tag und Nacht besetzt, während der äußere nachts abgezogen wurde. Darüber hinaus wurden Harder noch der SS-Hauptscharführer Adolf Rübe und einige Dolmetscher zugeteilt.

Inhaltlich verantwortlich: Paulin Wandschneider & Frank Wobig

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1 Vgl. Angrick, „Aktion 1005“ - Spurenbeseitigung von NS-Massenverbrechen 1942 - 1945", zum Vortrag am 26.01.2020 in Koblenz.