Paul Blobel, SS-Standartenführer

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Paul Bobel (1948)

Wilhelm Hermann Paul Blobel (*13. August 1894 in Potsdam, †7. Juni 1951 in Landsberg) war Angehöriger der Schutzstaffel (SS) und verantwortete während der deutschen Besatzungszeit die Ermordung von über 60.000 jüdischen Menschen auf dem Territorium der ehemaligen ukrainischen Sowjetrepublik. Unter seiner Führung wurde ab März 1942 die "Aktion 1005" eingeleitet, in der alle Spuren von NS-Menschheitsverbrechen beseitigt werden sollten.

Blobel wuchs in Remscheid auf und absolvierte eine handwerkliche Ausbildung als Maurer und Zimmermann, der sich von 1912 bis 1913 ein Architekturstudium anschloss. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges arbeitete Blobel als Zimmermann. Nach seiner Demobilisierung im Jahr 1918 schied Blobel im Rang eines Vizefeldwebels aus dem Militärdienst aus. Nach kurzer Arbeitslosigkeit nahm Blobel seine Ausbildung zum Architekten wieder auf und schloss diese im Jahr 1920 ab. 1924 ließ sich Blobel als selbständiger Architekt in Solingen nieder.1

Auszug Personal-Bericht Paul Blobel

Auszug Personal-Bericht Paul Blobel

Infolge der Weltwirtschaftskrise wurde Blobel erneut arbeitslos. Ab Dezember 1931 war er frühes Mitglied der NSDAP und trat im Januar 1932 der Schutzstaffel (SS) bei. Von 1933 bis 1935 war er als Büroangestellter der Stadtverwaltung Solingen tätig und trat 1934 als Offizier dem Sicherheitsdienst des Reichsführers SS (SD) im Bereich Düsseldorf bei.2 Von Juni 1941 bis Januar 1942 war Blobel Führer des Sonderkommandos 4a der Einsatzgruppe C, das im rückwärtigen Bereich der 6. Armee der Heeresgruppe Mitte zur systematischen Massenerschießung eingesetzt wurde. Blobel war in dieser Funktion für die Ermordung von circa 60.000 überwiegend jüdischer Menschen verantwortlich:3

  • Juni bis 29. Juni 1941, Sokal und Lutsk (617 jüdische Menschen)
  • Juni bis 29. Juli 1941, Schitomir (2.531 jüdische Menschen)
  • Juli/August 1941, Fastow (unbekannte Anzahl Opfer)
  • September/Oktober 1941, Wіrna und Dederow (32 „Zigeuner“)
  • 29. und 30. September 1941, Schlucht von Babyn Jar bei Kiew zusammen mit dem Stab der Einsatzgruppe C und Polizeieinheiten (33.771 jüdische Menschen)
  • Oktober 1941, Jagotin (125 jüdische Menschen)
  • Juni bis 12. Oktober 1941 (über 51.000 Personen, kumulierte Opferzahl)
  • Oktober 1941, Lubny (1.800 jüdische Menschen)
  • November 1941 in Poltawa (1.538 jüdische Menschen)4

Als Folge von „Disziplinlosigkeit“ wurde Paul Blobel im Januar 1942 nach Berlin strafversetzt, wo er zunächst der Abteilung 4 im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) zur Verfügung stand. Im März 1942 wurde Blobel zum Führer des "Sonderkommandos 1005" ernannt.5 Sein Adjutant wurde ab Sommer 1943 Arthur Harder.

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Aussage von Rudolf Höss über Paul Blobels Verbrennungsversuche im Vernichtungslager Chelmno im September 1942

Blobels Aufgabe war es, eine Methode zu entwickeln, die Spuren der Massenmorde östlich der deutschen Reichsgrenzen von 1933 zu beseitigen. Erfahrungen in der Exhumierung von Massengräbern sammelte Blobel im Sommer 1942 im Vernichtungslager Chelmno in Polen: Hier arbeitete er daran, eine "effiziente" Verbrennungsstrategie für die exhumierten Leichen zu entwickeln. Die von Blobel entwickelte Technik sollte auch bei anderen Vernichtungsorten angewendet werden, daher wohnte Rudolf Höss, Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz, einer solchen Verbrennungsaktion am 16. September 1942 bei.6 Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs ließ Blobel mobile "1005-Einheiten" aufstellen, die Massengräber beseitigen sollen; darunter das "Sonderkommando 1005-Mitte" im Generalbezirk Minsk, wo Blobel im Oktober 1943 eintraf.7

Seine Aufgabe als Leiter des "Sonderkommandos 1005" führte Paul Blobel bis zum Sommer 1944 aus. Im Dezember 1944 erkrankte er und befand sich von Februar bis April 1945 in einem Krankenhaus in Maribor. Anfang Mai 1945 wurde Paul Blobel bei Rastadt festgenommen.8

Inhaltlich verantwortlich: Frank Wobig

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1 Vgl. Trials of War Criminals, S. 211-213.
2 Vgl. ebd.
3 Vgl. ebd. sowie NS-Archiv. Dokumente zum Nationalsozialismus: Paul Blobel: Eidesstattliche Erklärung (1). URL: https://www.ns-archiv.de/einsatzgruppen/blobel/eidesstattliche-erklaerung-1.php. [Abgerufen am: 02.07.2021].
4 Vgl. Trials of War Criminals, S. 18f.
5 Vgl. ebd., S. 18f sowie Klee, Paul Blobel, in: Das Personen Lexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, S.53.
6 Vgl. Krakowski, Das Todeslager Chelmno/Kulmhof. Der Beginn der „Endlösung“, S. 119f., 123 und 151.
7 Vgl. Angrick, „Aktion 1005“ - Spurenbeseitigung von NS-Massenverbrechen 1942-1945. Eine „geheime Reichssache“ im Spannungsfeld von Kriegswende und Propaganda, S. 558fff.; 566.
8 Vgl. Trials of War Criminals, S. 212.