Maly Trascjanec in postsowjetischer Zeit
Nach dem Zerfall der Sowjetunion veränderte sich der Gedenkort Maly Trascjanec. Die postsowjetische Erinnerungskultur nahm großen Einfluss auf die Planung und Gestaltung der Gedenklandschaft in der Mitte der 2010er Jahre.
Bis 2008 wurde zwar vermehrt, aber weiterhin zögerlich an die Menschheitsverbrechen bei Maly Trascjanec erinnert. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs rückten zunehmend Jüd:innen – sowohl einheimische als auch aus Mitteleuropa deportierte – als Opfergruppe in den Fokus der belarusischen und internationalen Erinnerungskultur. Doch der Weg von vereinzelten Bürgerinitiativen und dem Bau einzelner Denk- beziehungsweise Mahnmäler zu einer großen Erinnerungslandschaft bei Maly Trascjanec war lang.
Neben dem Gedenken auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof in Minsk und der Geschichtswerkstatt "Leonid Levin", soll es auf den folgenden Seiten auch um den Gedenkstein in Blahaǔščyna gehen, der seit 2002 als erstes Gedenkobjekt an die Exekutionsstätte im Wald erinnert. Erste Bürgerinitiativen und Pläne für einen Gedenkstein hat es zwar schon davor gegeben, allerdings zog sich die konkrete Umsetzung noch bis in das Jahr 2002 hinein.1
Mit dem "Wald der Namen", der einen Schwerpunkt auf die Erinnerung an individuelle Schicksale setzt, wurde das Gedenkareal im Wald 2010 durch ziviles Engagement noch weiter ausgebaut.
Nachdem sich das internationale Bildungs- und Begegnungswerk (IBB) bereits seit 2012 für die Errichtung einer Gedenkstätte in Maly Trascjanec eingesetzt hatte, wurde 2015 die staatliche Memorialisierung von Maly Trascjanec von staatlicher Seite aus initiiert. In zwei Abschnitten fanden weitere bauliche Veränderungen auf dem Weg zu einer Erinnerungslandschaft statt.2 Im Juni 2015 begann mit der Arbeit an dem Objekt „Pforte der Erinnerung“ der erste Bauabschnitt der neuen Gedenkstätte. Der zweite Bauabschnitt folgte ab August 2017; in dieser Phase entstand mit dem „Weg des Todes“ ein Mahnmal, auf das Vertreter:innen der deutschen und belarusischen Zivilgesellschaft Einfluss nehmen konnten. Das Mahnmal ist explizit jüdischen Opfern der Nationalsozialisten gewidmet.3 Auf der ehemaligen Erschießungsstätte in Blahaǔščyna entstand eine großflächige Gedenkanlage, allerdings ohne die Mitwirkung von zivilgesellschaftlichen Akteur:innen.4
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1 Vgl. Dalhouski, Zur Geschichte der Wahrnehmung, S. 147.
2 Die für 2019 geplante Erweiterung der Gedenkanlage um den dritten Bauabschnitt am Ort der Leichenverbrennung im Wald von Šaškoŭka wurde bisher nicht umgesetzt (stand September 2021).
3 Vgl. Dalhouski, Zur Geschichte der Wahrnehmung, S. 149.
4 Vgl. ebd., S. 150.