Malyj Trostenez

Karte der Vernichtungsstätte Malyi Trostenez (aus Dalhouski, Transfornation, S. 117).JPG

Karte der Orte um Maly Trostenez

Skizze Maly Trostinez.jpg

Häftlingsskizze von Maly Trostenez

Das „Gut des Kommandeurs"

Die ehemalige Kolchose des Dorfes Malyj Trostenez wurde im April 1942 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt. Insgesamt umfasste das Areal 250 Hektar. Das Gut bestand aus mehreren baufälligen Scheunen und einem großen Silo. Um ein „Mustergut“, wie Eduard Strauch es verlangte, aufzubauen, das die deutsche Besatzung versorgen konnte, wurde das Gut mit landwirtschaftlichen Maschinen und Vieh ausgestattet und durch Zwangsarbeit bewirtschaftet. Laut Belegen gab es in Malyj Trostenez rund 127 Rinder, 132 Schweine, 300 Schafe sowie Geflügel.

Der erste Transport von den als jüdisch Verfolgten traf Mitte Mai 1942 in Malyj Trostenez ein. Von diesem ersten „Judentransport“, der ziemlich exakt 1.000 Personen beinhalte, wurden 81 jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter von Angehörigen der SS selektiert und zur Arbeit für das Gut ausgewählt. Die restlichen Personen wurden in den Wald von Blagwoschtschina gebracht und ermordet.

Bei der Ankunft auf dem Gut mussten sich laut Erich Prinz, einem der wenigen Überlebenden, alle Insassen ihres Gepäcks entledigen:

„Dort habe ein SS-Angehöriger folgende Ansprache gehalten: ‚Ihr braucht Euer Gepäck nicht, Ihr kommt in ein Lager, wo alle gleich sind und daher gleiche Lagerkleidung tragen, Geld ist hier wertlos, ist daher abzugeben, Uhren sind abzugeben, im Lager bedingt sich eine elektrische Lager-Uhr, Füllfedern sind abzugeben, da das Briefschreiben bei Todesstrafe verboten ist. Frist für die Ablieferung dieser Gegenstände 10 Minuten. Beim wem nach 10 Minuten noch einer der vorstehenden Gegenstände gefunden wird, wird auf der Stelle erschossen”.[1]

Auf dem sogenannten „Gut des Kommandeurs“ mussten die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter landwirtschaftliche Arbeiten verrichten und waren maßgeblich am Aufbau des Guts beteiligt. Seltener wurden sie zu externen Arbeitseinsätzen nach Minsk gebracht.

Die Deportationen von österreichischen Jüdinnen und Juden endeten 1942. Doch auch danach wurden Jüdinnen und Jude mit handwerklichen Fähigkeiten aus Weißrussland auf das „Gut des Kommandeurs“ gebracht. Bis zum Herbst 1943 betrug die Zahl der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter auf Malyj Trostenez zwischen 600 bis 900 Personen. Im September desselben Jahres wurden 480 Jüdinnen und Juden, zusammen mit 350 Insassen des Ghetto Minsks in das Konzentrationslager Majdanek gebracht. 80 Menschen wurden in Blagowschtschina erschossen. Zuletzt gab es nur noch 112 Jüdinnen und Jduen aus Österreich und 80 aus Weißrussland im Lager, was auch bis zum deutschen Rückzug 1944 so bleiben sollte. Bewacht wurde das „Gut des Kommandeurs“ von der lettischen Kompanie, später übernahmen diese Aufgabe Angehörige der volksdeutschen Kompanie des KdS/BdS.

In den baufälligen Kolchosescheunen des Guts waren die Arbeitshäftlinge untergebracht und schliefen dort auf dem Fußboden. Die Scheunen wurden bewacht und mit Stacheldraht gesichert. Die Barackenlager selbst wurden von den Häftlingen errichtet und waren nach dem Vorbild des Polizeigefängnisses und Arbeitsumerziehungslagers Salaspils gebaut worden.

Die Ernährungslage auf Gut Trostenez war trotz des landwirtschaftlichen Umfelds äußerst mangelhaft. So berichtet die jüdische Lagerköchin Julie Sebek, wie viel „Nahrung“ die Insassen pro Tag erhielten:

 „Wassersuppen, in welchen die verfaulten Kartoffeln mit der Schale gekocht werden mussten, und 200 bis 400 Gramm Brot”.[2]

Immer wieder kam es zu Selektionen der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter durch Angehörige der SS. Dies belegt auch eine Zeugenaussage von Isaak Grünberg:

„[Sie] führten diese Selektionen durch einfaches Zeigen auf den Häftling - du links - du rechts - durch. Dann kam das Kommando ‚Abmarsch‘ und kurze Zeit später hörte man die Schusssalven”. [3]

Diese Selektionen bedeuteten ein Todesurteil. So schildert Hans Münz:

„Im Lager galt nur eine Straße, und zwar Erschießen”. [4]

Quellen:

[1] Rentrop, Petra: Tatorte der “Endlösung”. Das Ghetto Minsk und die Vernichtungsstätte Maly Trostinez. Berlin: Metropol. 2011. S. 214

[2] Rentrop, Petra: Tatorte der “Endlösung”. Das Ghetto Minsk und die Vernichtungsstätte Maly Trostinez. Berlin: Metropol. 2011. S. 219.

[3]Rentrop, Petra: Tatorte der “Endlösung”. Das Ghetto Minsk und die Vernichtungsstätte Maly Trostinez. Berlin: Metropol. 2011. S. 219.

[4] Rentrop, Petra: Tatorte der “Endlösung”. Das Ghetto Minsk und die Vernichtungsstätte Maly Trostinez. Berlin: Metropol. 2011. S. 219.