Feldpostbriefe Karl Fischer
Karl Fischer war ein Mitglied des "Sonderkommandos 1005-Mitte" und damit an der Exhumierung von Massengräbern im Raum Minsk beteiligt. Er starb bereits im Jahr 1944; doch seine Feldpostbriefe gewähren einen Einblick in seine Gedankenwelt und narrative Verschleierungsstrategien.
Die nachfolgenden Informationen über Karl Fischer stammen aus seinen eigenen Ausführungen und Ergänzungen durch Dritte innerhalb seiner Feldpostakte, die als Beweismittel in den Hamburger Prozessen diente. Heute ist Karl Fischers Akte im Besitz des Staatsarchivs Hamburg.
In den Hamburger Prozessakten wird Karl Fischer als Wachtmeister bezeichnet, der zum "Sonderkommando 1005" gehörte und am 15. November 1944 in Klagenfurt starb. Seine genaue Marschroute kann aufgrund der Ortsbezeichnungen, die auf seinen Briefen zu finden sind, nachverfolgt werden. So führte sein Weg ihn von Hellerau nach Dresden und von dort aus nach Hadersdorf und Warschau. An jene Orte gelangte er mit dem Zug. Bereits zu Beginn seiner Feldpost ist auffällig, dass er keine genaue Bezeichnung für seinen Beruf oder seine Zuständigkeiten wählt. In den wenigen Textpassagen, in denen er über seine Aufgaben spricht, schreibt er von sich als "Polizist".
„Schlafen kann ich noch ganz gut.“1
In Fischers Schilderungen von seinem Aufenthalt in Minsk sind auffallend häufig positive Bemerkungen zu finden, wie etwa „Die Bevölkerung scheint vernünftig zu sein, man sieht wenige Männer.“ In Fischers letztem Brief vom 14. November 1944, den er in Keutschach (Österreich) einen Tag vor seinem Tod verfasste, bemerkt er rückblickend sogar, dass ihm Russland besser gefallen hätte.
„…und bewachen Zivilgefangene, die Arbeitsdienst machen.“2
Über mehrere Briefe hinweg beschreibt Fischer seine Tagesabläufe als immer gleich. Mit seinen Kameraden wäre er den ganzen Tag im Wald und käme erst in der Dämmerung wieder zurück. Dies sei sein
„neuer Arbeitsplatz mit Schaufeln.“3
Fischer schweigt lange über seine Tätigkeiten, bis er 1944 Smolewitsche als seinen neuen Arbeitsplatz bezeichnet. Dort hätte er unter anderem eine
„Scheune in einem beinahe unbewohnten Dorf“4
abgerissen. Zudem berichtet er von Gefangenen, die erst eingefangen und anschließend verhört wurden.5 Weiter schreibt er von „Vorarbeiten“, wie Schneeschaufeln oder Bunkerbau.6 Ab dem 12.05.1944 wird Fischer in Pinsk stationiert und beschreibt sich selbst als „Sicherheitspolizisten“, der die „Zügel anziehen“ müsse und
„auch absolut kein Engel“7
wäre. Ab diesem Mai 1944 ändert sich der Aufenthaltsort von Fischer beinahe wöchentlich. Er beschreibt dies durch die Parole
„Vorwärts Kameraden, es geht zurück!“8
Über Angustovo wird er nach Lomza versetzt, von dort aus nach Lodz, danach nach Salzburg und Keutschach, wo er schlussendlich stirbt.
Feldpostbriefe von Karl Fischer vor und während seines Einsatzes im "Sonderkommando 1005-Mitte" in Maly Trascjanec:
Inhaltlich verantwortlich: Nils Kaschubat
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1 StAnw Hamburg 213-12 0597 Band 057, Bl. 94.
2 Ebd., Bl. 188.
3 Ebd., Bl. 131.
4 Ebd., Bl. 134.
5 Vgl. ebd., Bl. 138
6 Vgl. ebd., Bl. 134.
7 Ebd., Bl. 156.
8 Ebd., Bl. 170.