Prozess & Folgezeit

Georg Heuser wurde 1963 aufgrund mehrfacher gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord in 11.000 Fällen zu 15 Jahren Zuchthausstrafe verurteilt. 1969 wurde er jedoch aus der Haft entlassen. Noch bevor Ende der 80er-Jahre ein neuer Prozess gegen ihn eingeleitet werden konnte, starb Heuser.

Der damalige Kriminaloberrat Georg Heuser, der sich seit seiner Festnahme in Koblenz in Untersuchungshaft befand, musste sich ab dem 15. Oktober 1962 vor dem Schwurgericht des Landgerichts in Koblenz für seine Taten verantworten. Zu seiner Beteiligung an Lebendverbrennungen bei Blahaǔščyna im November 1943 befragt, gab Heuser an, dass er sich ein Einzelheiten nicht erinnern könne, da ihn die Hinrichtung nichts angegangen sei. Seine Aussage vor Gericht wird wie folgt zusammengefasst:

„Er wisse wirklich nicht, ob die Menschen lebendigen Leibes verbrannt worden seien. Er behaupte heute noch, die Leute seien erschossen und dann verbrannt worden. Es könne möglich sein, dass er nicht habe sehen wollen, was geschehen sei. Nach der Exekution sei, so denke er, ein Feuer gewesen. Ob jemand fürchterlich geschrien habe, wisse er nicht. Er erinnere sich auch nicht daran, ob in dem Leichenstapel ein Pfahl eingerammt gewesen sei. Er, Harder, habe gar nichts gemacht; er sei nur dagewesen.“1

Nach Beweisaufnahme und Verhandlung wurde Heuser am 21. Mai 1963 wegen mehrfacher gemeinschaftlicher Beihilfe zum Mord in 11.000 Fällen sowie wegen Beihilfe zum Totschlag zu einer Gesamtstrafe von 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Außerdem erkannte man ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren ab.2

Während seines Einsatzes im heutigen Belarus beteiligte sich Georg Heuser an zahlreichen Verbrechen. Die nachfolgende Auflistung zeigt eine Auswahl der ihm nachgewiesenen oder zur Last gelegten Taten. Sie wurde anhand der Gerichtsentscheidungen des Landgerichts Koblenz vom 25. Mai 1963 erstellt.3

Winter 1941/42:

Mögliche Verantwortung für die Erschießung von fünf „Zigeuner:innen“.4

8. Februar 1942:

Mögliche Teilnahme an der Liquidierung der Insass:innen des Sluzker Ghettos.5

2. bis 3. März 1942:

Beteiligung als Schütze an der Massentötung von mindestens 1.000 belarusischen jüdischen Menschen aus dem Ghetto Minsk. Weiterhin soll Heuser in diesem Zusammenhang die Verlade- und Exekutionskommandos verantwortet haben.6

Anfang 1942:

Mögliche Beteiligung an zwei weiteren Massenexekutionen belarusischer jüdischer Menschen aus dem Ghetto in Minsk. Georg Heuser soll bei der Ermordung von etwa 2.000 Menschen die Verlade- und Exekutionskommandos, ein anderes Mal bei der Tötung von mindestens 1.000 jüdischen Menschen die Exekutionskommandos eingeteilt haben. Im Prozess wurde er von diesem Anklagepunkt freigesprochen.7

4. Februar 1942:

Mögliche Beteiligung an der Erschießung von ungefähr 100 jüdischen Menschen. Georg Heuser soll diese Exekution angeordnet haben. Das Landgericht Koblenz sprach Heuser aus Mangel an Beweisen von diesem Tatvorwurf frei.8

11./26. Mai 1942 bis 9. Oktober 1942:

Beteiligung Heusers bei der Ermordung jüdischer Menschen aus Wien, die im Jahre 1942 nach Minsk deportiert worden waren. Bei der Erschießung von 900 Menschen des ersten Zuges am 11. Mai 1942 wurde Georg Heuser in Blahaǔščyna als Schütze eingeteilt und tötete die ihm zugeführten Opfer durch Genickschuss. Heuser erinnerte sich in seiner  Aussage zu dieser Tat, "wie ein Automat" geschossen zu haben. Am 26. Mai 1942 beteiligte sich Georg Heuser als Schütze an der Ermordung jüdischer Menschen aus einem Wiener Deportationstransport und tötete eine unbekannte Anzahl von Personen. Insgesamt forderte die Aktion mindestens 900 Opfer. 1942 nahm Georg Heuser noch an drei weiteren Transportaktionen teil: Am 4. und 25. September sowie am 9. Oktober. An einem dieser Tage überwachte und beaufsichtigte er die Erschießungen, schoss aber auch selbst mit. Bei einer dieser Exekutions-Aktionen wurden auch Gaswagen eingesetzt. Heuser beaufsichtigte die Verladung der jüdischen Menschen in die Gaswagen. Bei der dritten Exekution war Heuser erneut als Schütze aktiv. Darüber hinaus soll Heuser fünf weitere Massenexekutionen von nach Minsk deportierten jüdischen Menschen organisiert und durchgeführt haben.9

28. bis 30. Juli 1942:

Beteiligung an der „Ghettoaktion Minsk“: Vom 28. bis zum 30. Juli 1942 wurde eine Großaktion gegen die Bewohner:innen des Minsker Ghettos durchgeführt, bei der mindestens 9.000 Menschen bei Blahaǔščyna ermordet wurden. Am 29. Juli gehörte Heuser dem Erschießungskommando an und erschoss eine unbekannte Anzahl jüdischer Personen. Bei seiner Ablösung an den Erschießungsgruben soll Georg Heuser einem Zeugen mit bleichem Gesicht entgegen gekommen sein und gesagt haben: "Ich bin fertig!"10

1942/1943:

Mögliche Beteiligung an der Ermordung zweier jüdischer Handwerker im Lager Maly Trascjanec.11

Sommer 1943:

Mögliche Beteiligung an der Ermordung einer Jüdin, die intimer Beziehungen zu einem Deutschen beschuldigt wurde.12

Am 12. Dezember 1969 wurde Heuser auf Verfügung des Landgerichts Koblenz aus der Haft entlassen. In den 1980er Jahren werden neue Anschuldigungen gegen Georg Heuser erhoben. Diese Ermittlungen führten allerdings zu keiner erneuten Anklage, da Heuser Anfang 1989 verstarb.13

Inhaltlich verantwortlich: Frank Wobig

___________________

1 LG Koblenz: Lfd-Nr. 552, JuNSV Bd. XIX. S. 229 - 234.
2 Vgl. ebd., S.165.
3 Vgl. ebd., S. 205-244.
4 Vgl. ebd., S. 225f.
5 Vgl. ebd., 217f.
6 Vgl. ebd., S. 205-208.
7 Vgl. ebd., S. 207f.
8 Vgl. ebd., S. 208f.
9 Vgl. ebd., S. 209-214.
10 Ebd. S. 214-216.
11 Vgl. ebd., S. 226f.
12 Vgl. ebd., S. 227f.
13 Vgl. Matthäus, Georg Heuser - Routinier des sicherheitspolizeilichen Osteinsatzes, in: Mallmann/Gerhard (Hrsg.): Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien, S.119-120.