Das Lager Maly Trascjanec

Der rund zwölf Kilometer südlich der belarusischen Hauptstadt Minsk gelegene Vernichtungsort Maly Trascjanec war einer der vielen Schauplätze der Shoah. Die unmittelbare Umgebung des Dorfes war das östlichste Deportationsziel der deutschen Besatzer während des Zweiten Weltkriegs.

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Ansicht des landwirtschaftlichen Gutes Maly Trascjanec

In Maly Trascjanec wurden in den Jahren 1942 bis 1944 etwa 60.000 Menschen ermordet, darunter vor allem Jüdinnen und Juden. Allgemein ist die Rede stets von dem Vernichtungsort Maly Trascjanec; geografisch umfasst dieser Ort neben dem gleichnamigen Dorf ein ehemaliges Kolchosengelände, das mehrere Kilometer entfernte Waldstück Blahaǔščyna sowie das Waldstück Šaškoǔka in unmittelbarer Nähe zur Kolchose. Auf dem Gelände der ehemaligen Kolchose "Karl-Marx" wurde 1942 ein Lager aufgebaut, in dem zu Höchstzeiten bis zu 600 Zwangsarbeiter:innen untergebracht waren. Es war von drei großen Stacheldrahtzäunen umgeben, die die Gefangenen von der Flucht abhalten sollten. Insgesamt bewachten ab 1942 rund 250 Wachposten das Areal.1

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Blick auf die Umzäunung des Lagers Maly Trascjanec im Juli 1944

Nachdem die deportierten Menschen in Maly Trascjanec angekommen waren, wurden sie nach einem eingeübten Schema behandelt: Zunächst nahm man ihnen ihre Wertgegenstände ab und sie mussten sich entkleiden. Gesunde, junge und arbeitsfähige Gefangene – vor allem Männer – wurden in das Lager abtransportiert. Hier wurden die Gefangenen zur Zwangsarbeit im landwirtschaftlichen Bereich und in unterschiedlichen Handwerksbetrieben genötigt. Die restlichen Gefangenen brachte man in den nahegelegenen Wald von Blahaǔščyna, wo man sie ermordete.

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Die verkohlten Leichen von über 6.000 Menschen bei der verbrannten Scheune im Lager Maly Trascjanec

Im Juni 1944, als die Rückeroberung von Minsk durch die Rote Armee deutlich absehbar war, wurden die deutschen Besatzer zum Rückzug gezwungen. Sie trieben die restlichen Zwangsarbeiter:innen sowie die Insass:innen aus den umliegenden Gefängnissen in eine Scheune auf dem Gelände des Lagers Maly Trascjanec. Hier wurden die Menschen, die bislang überleben konnten, ermordet und anschließend mitsamt dem Gebäude verbrannt. Nur rund 20 Personen konnten vor ihrer Ermordung fliehen. Bei Ankunft der sowjetischen Truppen am 3. Juli 1944 brannte die Scheune immer noch.3

Inhaltlich verantwortlich: Paulin Wandschneider

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1 Vgl. Kohl, Trostenez - Das Vernichtungslager bei Minsk, in: Projektgruppe Belarus (Hrsg.): Existiert das Ghetto noch? Weißrußland: Jüdisches Überleben gegen nationalsozialistische Herrschaft.", S.
2 Vgl. Rentrop, Maly Trostinez, in: Benz/Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 9: Arbeitserziehungslager, Durchgangslager, Ghettos, Polizeihaftlager, Sonderlager, S.
3 Vgl. Kohl, Trostenez - Das Vernichtungslager bei Minsk, in: Projektgruppe Belarus (Hrsg.):"Existiert das Ghetto noch? Weißrußland: Jüdisches Überleben gegen nationalsozialistische Herrschaft.", S.