Prozess & Folgezeit

Insgesamt zwei Mal wurden Ermittlungen gegen Otto Goldapp eingeleitet, in denen seine Teilnahme an Ermordungs- und "Enterdungsaktionen" während der deutschen Besatzungszeit im Vordergrund stand. Erst in der zweiten Verhandlungsrunde zwischen 1967 und 1968 konnten stichhaltige Beweise vorgelegt werden, die schließlich zu seiner Verurteilung führten.

Aufgrund eines anonymen Hinweises konnten 1959 erstmals Ermittlungen gegen Otto Goldapp wegen seiner Teilnahme an "Enterdungsaktionen" und möglicher Beteiligung an Erschießungen angestrengt werden. In seiner ersten Aussage im Kontext der Vorwürfe bestritt Goldapp entschieden, sich

„in Polen oder sonst wo irgendwelcher Strafbaren Handlungen schuldig gemacht zu haben“ und dass er „niemals irgendjemanden gegenüber derartige Eingeständnisse gemacht habe“, da er „keine Verbrechen begangen habe.“1

Haftbefehl Otto Hugo Goldapp

Haftbefehl Otto Hugo Goldapp

Er hätte in seiner Zeit beim Polizei-Bataillon 301 mit den Kampfhandlungen nichts zu tun gehabt, da er lediglich den Fuhrpark Instand gehalten hätte. Goldapp vermutete, dass Anzeige gegen ihn gestellt worden war, um ihm „eins auszuwischen“.2 Im Februar 1960 wurde er vorläufig festgenommen und in das Untersuchungsgefängnis Hamburg überstellt.3

In der Vernehmung durch die Statsanwaltschaft Hamburg am 10. Februar 1960 versuchte Goldapp glaubhaft zu machen, dass er davon ausging, dass es sich bei den Toten in den Massengräbern im Wald von Blahaǔščyna wie bei Katyn um Opfer des sowjetischen NKWD handelte und die Leichen verbrannt wurden, um "Seuchengefahren" vorzubeugen.4

Er habe sich „dabei eigentlich nichts gedacht“, so Goldapp in seiner Einlassung. Er räumte ein, dass er Kenntnis von mindestens drei Massengräbern mit jeweils circa vier bis fünf Metern Breite und 20 bis 30 Metern Länge hätte, in denen sich die Leichen von Männern und Frauen befänden. Darüber hinaus bekannte sich Goldapp dazu, von dem "Sonderkommando" gewusst zu haben, das die Gräber räumen, die Leichen von mehreren tausend Menschen zu Scheiterhaufen aufstapeln und anschließend entzünden musste. Goldapp wurde zu einem unbekannten Datum aus der Untersuchungshaft entlassen.5

Aussage- / Vernehmungsprotokoll Otto Goldapp vom 10. Februar 1960

Aussage-/Vernehmungsprotokoll von Otto Goldapp vom 10. Februar 1960

Im Dezember 1966 wurden erneut Ermittlungen gegen Otto Goldapp eingeleitet.6 Von November 1967 bis Februar 1968 musste sich Goldapp zusammen mit Max Krahner und Otto Drews vor dem Hamburger Landgericht wegen der Beteiligung an der Ermordung von 500 polnischen und sowjetischen Zwangsarbeiter:innen des "Sonderkommandos 1005" verantworten.7 Goldapp wurde durch Zeugenaussagen schwer belastet; so berichtete unter anderem Konrad Mütze, Angehöriger des Bewachungskommandos im Wald von Blahaǔščyna, von Goldapps Teilnahme an der Vergasung von Angehörigen des Arbeitskommandos in Maly Trascjanec.8

Nach Abschluss der Beweisaufnahme sah die Anklagevertretung die Schuld Otto Goldapps am gemeinschaftlichen Mord in zwölf Fällen als erwiesen an. Die Anklage forderte eine lebenslange Zuchthausstrafe.9 Das Gericht folgte der Anklage und sprach Otto Goldapp am 9. Februar 1968 der Beteiligung an Erschießungen von Gefangenen in Maly Trascjanec, der Beihilfe zum Mord in Pinsk, der Mitwirkung bei Vergasungen in Maly Trascjanec, der Mitwirkung bei Tötungsaktionen in Slonim und der Mitverantwortlichkeit an der Tötung eines arbeitsunfähigen Gefangenen in Smolewitsche10 schuldig und verurteilte ihn zu einer lebenslangen Haftstrafe.11

Inhaltlich verantwortlich: Frank Wobig

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1 StAnw Hamburg 213-12 0597-001, S. 27.
2 Vgl. StAnw Hamburg 213-12 0597-001, S. 26f.
3 Vgl. StAnw Hamburg 213-12 0597-001, S. 17 u. 213-12 0597-082, S. 3.
4 Vgl. StAnw Hamburg 213-12 0597-001, S. 38.
5 Vgl. ebd.
6 Vgl. StAnw Hamburg 213-12 0597-021, S. 406.
7 Vgl. Associated Press (AP): Pressemitteilung 3 SS Men guilty of killing 500 body-burners, New York 1968, 9. Februar.
8 Vgl. Kohl, Der Krieg der deutschen Wehrmacht und der Polizei 1941 - 1944: Sowjetische Überlebende berichten, S. Kpt. 32.
9 Vgl. StAnw Hamburg 213-12 0597-021, S. 384ff.
10 Vgl. LG Koblenz: Lfd-Nr. 662A, JuNSV Bd.XXVII, S.121-122.
11 Vgl. StAnw Hamburg 213-12 0597-021, S. 386.